Am 1. Juni dieses Jahres treten auf europäischer Ebene das Einheitspatent und das Einheitliche Patentgericht (EPG) in Kraft.
Das Einheitspatent stellt eine neue Möglichkeit dar, um ein in 17 EU-Mitgliedstaaten einheitlich gültiges Patent zu erlangen.
Im Gegensatz zum System vor dem 1. Juni von individuellen nationalen Benennungen ist das Einheitspatent als echtes europäisches Patent konzipiert, bei dem nicht nur das Erteilungsverfahren (wie im System vor dem 1. Juni) zentralisiert ist, sondern auch die Schritte, welche nach der Erteilung mit dem Patent verbunden sind, wie beispielsweise die Zahlung von Aufrechterhaltungsgebühren oder mögliche Verletzungs- oder Nichtigkeitsklagen.
Im Falle einer grossen Anzahl von benannten Ländern (typischerweise mehr als 4 oder 5) ist das Einheitspatent auch hinsichtlich der Aufrechterhaltungsgebühren vorteilhaft.
Die Wahl des Einheitspatent kann anstelle oder zusätzlich zu einem traditionellen europäischen Patent getroffen werden, je nachdem, in welchen Ländern das Patent seine Wirkung entfalten soll. Es handelt sich also um eine zusätzliche Möglichkeit für die Anmelder einer europäischen Patentanmeldung bzw. die Inhaber eines europäischen Patents.
Das Einheitliche Patentgericht (EPG) wird das ausschliesslich zuständige Gericht für Streitigkeiten im Zusammenhang mit diesen neuen Einheitspatenten sein… aber nicht nur! Nach einer Übergangszeit, die zwischen 7 und 14 Jahren dauern kann, wird das EPG auch das ausschliessliche zuständige Gericht für klassische europäische Patente sein.
Während dieser Übergangszeit bleibt neben dem EPG das derzeitige System der nationalen Gerichtsbarkeiten bestehen, wobei die Inhaber eines europäischen Patents unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben, das zuständige Gericht ausdrücklich zu benennen.
Sofern noch keine Klage bei einem nationalen Gericht oder beim EPG eingereicht wurde, haben die Anmelder einer europäischen Patentanmeldung oder Inhaber eines herkömmlichen europäischen Patents während der Übergangszeit folgende Möglichkeiten:
- nationale Gerichte explizit als zuständig zu bestimmen (Opt-out-Option);
- das neue Einheitliche Patentgericht explizit als zuständig zu bestimmen (Opt-in-Option);
- keine Auswahl zu treffen; in diesem Fall ist das Gericht zuständig, bei dem die erste Klage eingereicht wird, sei es vom Inhaber des Patents für eine Verletzungsklage oder von einem Dritten im Fall einer Nichtigkeitsklage.
Die Wahl einer dieser Optionen kann strategische Auswirkungen mit sich bringen. Während das System, welches bis zum 1. Juni 2023 in Kraft gewesen ist, eine Klage bei jedem nationalen Gericht erfordert, in dem das europäische Patent angefochten werden soll, was sich oft als sehr kostspielig erweist, wird das EPG zentralisierte Entscheidungen treffen, die für alle dem EPG unterstellten Länder gelten. Während diese Zentralisierung der Entscheidung für den Inhaber bei einer Verletzungsklage sich positiv auswirken kann (Möglichkeit, durch eine einzige Klage Schadensersatz für alle dem EPG unterstellten Länder zu erhalten), kann sie im Falle einer von einem Wettbewerber eingereichten Klage auf Nichtigkeit auch einen Risikofaktor darstellen (Möglichkeit des Widerrufs für alle dem EPG unterstellten Länder durch eine einzige Klage).
Trotz aller Komplexität stellt das Inkrafttreten des Einheitspatent und der einheitlichen Patentgerichtsbarkeit eine zusätzliche Chance für alle Anmelder einer europäischen Patentanmeldung oder Inhaber eines europäischen Patents dar.
Um seine Mandanten bestmöglich zu unterstützen, hat P&TS seit mehreren Monaten ein spezialisiertes Team aus Vertretern und Rechtsanwaltsfachangestellten zusammengestellt, um dieses neue System zu integrieren und es Ihnen zu ermöglichen, den grösstmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Ferner hat P&TS mit Christophe Saam und Ronan Guirey bereits zwei Vertreter vor der EPG, die berechtigt sind, Mandanten vor dem EPG zu vertreten.
Bei Fragen zu diesem neuen System stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.